Facebook, die organische Reichweite und Filmproduktion

In vielen Medien wird gerade darüber geschrieben, wie Facebook die organische Reichweite auf ein Minimum beschränken wird. Dieser Prozess wird als „The Purge“ bezeichnet und es wird beschrieben, wie du als Seitenbetreiber oder Seitenbetreiberin künftig tiefer in die Tasche greifen musst und welche positiven und negativen Folgen das für dich hat. Dabei möchte Facebook nur deinen Wünschen nachkommen. Irgendwie. Naja … Warum dich das interessieren sollte und was das mit Filmproduktion zu tun hat, rolle ich hier für dich auf. Alles auf Anfang:

 

Was meint Facebook mit „organischer Reichweite“

Wenn du mit deinem Profil etwas auf Facebook postest, verteilt Facebook deinen Beitrag zu anderen Leuten auf Facebook. Du bist zufrieden, wenn das passiert, weil das, was in deinem Beitrag steht, für deine Freunde und Familie vielleicht interessant sein könnte. Der Begriff dafür, wie oft dein Beitrag von anderen Leuten gesehen wird, wird als „Reichweite“ bezeichnet. So weit so gut.

Hast du jetzt aber eine Facebook-Seite für dein Unternehmen, deine Organisation oder dein Filmproduktionsunternehmen, wird die Sache schon etwas komplizierter: Wenn du über deine Facebook-Seite dein Produkt oder deine Dienstleistung in einem Beitrag bewirbst, kannst du dich entscheiden, die Reichweite des besagten Beitrages mit einigen Euros zu steigern. Das wird als „bezahlte Reichweite“ bezeichnet. Trotzdem wird dein Beitrag an die Leute, die deiner Facebook-Seite folgen, verteilt. Um das zu unterscheiden, wird das dann als „organische Reichweite“ bezeichnet, also die Anzahl an Leuten, die dein Beitrag quasi von Haus aus erreicht.

Facebook hat öffentlich gemacht, dass die Plattform aufgrund der unzähligen unnötigen Werbungen diese organische Reichweite drastisch verringern möchte. Zahlen aus Slowenien, wo diese „Funktion“ zu Testzwecken eingeführt wurde, zeigen, dass Facebook dabei sehr rigoros vorgeht. 

Und warum ist das jetzt ein Problem?

Wenn du ein Facebook-User bist, der nur auf der Plattform ist, um sich über die Gemütszustände deiner Freundinnen und Freunde zu informieren, wird sich für dich nicht allzu viel ändern. Du wirst nur mehr Beiträge deiner Kontakte und weniger Beiträge von Facebook-Seiten sehen – und das ist an sich definitiv nichts Schlechtes. Damit fällt nämlich ein Großteil der furchtbaren Click-Baits – „10 Dinge, die du unbedingt tun musst, um Gewicht zu verlieren – Nummer 8 wird dich schockieren“ – weg.

Für dich als Facebook-User mit einem Unternehmen, das du mittels einer Facebook-Seite bewerben willst, wird das Leben um einiges schwerer. Nachdem bereits ausgehende Links – wie zum Beispiel zu deinem Blog, deinem YouTube-Account oder anderen – sowieso schon gern aus dem Newsfeed fliegen, um Platz für Inhalte zu machen, die direkt auf Facebook hochgeladen wurden, wird nun auch letzteres um einiges seltener angezeigt.

Stell dir vor, du hast eine Facebook-Seite für eine kleine Bäckerei im ländlichen Raum. Mit 1.000 Likes bist du eigentlich eh gut dabei. Bisher hast du etwas auf Facebook gepostet und eine „organische Reichweite“ von 500 – 600 erreichten Personen gehabt. Letzte Woche postest du ganz normal wieder ein Bild über deine Seite. Erreichte Personen: 30. „Gefällt mir“-Angaben: eine, nämlich deine Mutter.

Damit möchte Facebook dich nämlich dazu bringen, wertvolle Euros in ihr Unternehmen zu stecken, um wieder Reichweite aufzubauen. Und je nachdem, wie viel Wert du darauf legst, dein Publikum online zu erhalten, wirst du mehr oder weniger erfreut darüber sein, das auch zu tun.

Verständlich ist dieser Schritt allerdings schon. Facebook hat bisher die „organische Reichweite“ praktisch verschenkt. Diese durchaus großzügigen Geschenke sowie die vielen Spam-Beiträge und Click-Baits haben die Plattform nun endgültig dazu getrieben, das effektiv abzuschalten.

 

Und warum ist das für mich in der Filmbranche wichtig?

Einfach weil Filme und Livestreams voraussichtlich die Formate sind, die weiterhin am meisten organische Reichweite generieren werden. Filme und Videos werden von Facebook – solange sie direkt auf Facebook geladen werden – schon länger stark bevorzugt. Mittlerweile werden ja schon diese simplen Bilder á là „Markiere einen Freund, der viel trinken kann“ einfach als statisches Video hochgeladen … Aber nun wird es endgültig in die Richtung gehen müssen, Filminhalte zu produzieren und zu vermarkten. Und das am Besten mit Mehrwert für das Publikum.

Nachdem das aber recht regelmäßig passieren muss, werden traditionelle Produktionszyklen – mit Planung, Dreh und Nachbearbeitung – irgendwie aufgebrochen werden. Mikrocontent ist da das Zauberwort. Kleine, unterhaltsame Filme, die schnell und kostengünstig produziert werden können. Da gilt es, sich draufzusetzen. Und diese Veränderung wird sehr spannend.

Wie kann ich mich daran anpassen?

Es gilt der Grundsatz: Spiel nach den Regeln von Facebook. Und die Regeln von Facebook sind: Sei auf Facebook. Und bleib so lange wie nur irgendwie möglich auf Facebook.

Ein Link zu deinem Blog? Ist nicht auf Facebook. Nicht gut.

Ein Link zu einem Video auf YouTube? Ist nicht auf Facebook. Nicht gut.

Nur Text im Beitrag? Langweilig. Nicht gut.

Kein Geld in den Beitrag investiert? Kein Profit. Meistens nicht gut.

Was dann?

Zum Beispiel wie oben beschrieben: Mikrocontent – kurze Filme, die die NutzerInnen direkt auf der Plattform bespaßen und das auf regelmäßiger Basis. Außerdem sollte man die Anzahl der Beiträge reduzieren. Qualität steht vor Quantität – also lieber hilfreiche oder aufschlussreiche Beiträge anstatt fünf Beiträge pro Tag. Konzentriere dich auf „Cornerstone Content“, also die wichtigsten Inhalte, die du transportieren möchtest.

Alternativ bietet Facebook auch noch sehr kreative Lösungen und Formate, bei denen es sich lohnt, sie auszuprobieren. Du hast doch sicher schon die sogenannten „Karusselle“ gesehen, drei bis fünf Bilder, zwischen denen man hin und her wischen kann und die mit einem Link hinterlegt sind – eine großartige Lösung, um viele Produkte oder Informationen auf einmal zu präsentieren.

(Derzeit) Ausschließlich für mobile NutzerInnen gibt es den „Canvas“, quasi eine Homepage innerhalb von Facebook, die du mit eigenen Inhalten ausstatten kannst und quasi unbegrenzte Möglichkeiten der Gestaltung gibt. Die sind zwar als Werbeanzeige gedacht, es lassen sich aber sicher auch andere, kreative Lösungen erfinden, die unseren Zwecken dienen. Wie das funktioniert, hat freundlicherweise Facebook selbst ganz gut beschrieben. 

Natürlich kann man auch auf Viral Marketing setzen, aber das hat ähnliche Chancen wie Lotto zu spielen. 

Zum Abschluss

Heute keine motivierenden Worte, nur der Aufruf, sich hinzusetzen und ordentlich zu arbeiten. Facebook überlegt sich für UnternehmerInnen gerade weitreichende Änderungen. Nachdem sie größtenteils noch in der Testphase sind, kann sich noch reichlich ändern, aber zu diesem Zeitpunkt sieht es eher düster aus. Um proaktiv dagegen zu steuern, überleg dir, welche neuartigen Inhalte interessant werden und welche neuen Formate du konzipieren und umsetzen kannst.

Ich möchte sehr herzlich Dominik Reiter von Reiter Communications danken, der mir einige nützliche und innovative Tipps gegeben hat, um diesen Artikel zu schreiben. Ohne ihn wüsste ich heute vermutlich immer noch nicht, was dieser „Canvas“ eigentlich ist. ;-)

Bis zum nächsten Mal

Robert

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