YouTube inmitten österreichischer Bürokratie

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich verbringe einen meine Freizeit nicht mehr damit, die ganze Zeit fernzusehen. Stattdessen bin ich auf YouTube. Und nachdem ich nicht nur konsumiere sondern auch produziere – und diese Produkte fast immer irgendwo auf YouTube landen – bin ich auch gerne in der Branche der österreichischen YouTuberInnen unterwegs. Mitunter ein Grund, warum mich das Thema, das jetzt rund um die RTR aufgeflammt ist, so interessiert.

Heute gibt’s also einen kurzen Rundown, was passiert ist und wo meine Meinung dazu hinfällt. Es ist halt nicht alles schwarz und weiß. :-)

Was ist passiert?

Letzte Woche haben einige österreichische YouTuberInnen – interessanterweise auch ich – eine Mail von der RTR, der Rundfunk und Telekom Regulierungs GmbH, bekommen. Mitgeschickt war eine PDF mit den Grundlagen des AMD-G, des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das du dir hier anschauen kannst. Etwas weniger wortgewandt war darin auch die Information darüber verpackt, dass man auch als YouTube-KanalberteiberIn unter dieses AMD-G fallen kann und sich dementsprechend bei der RTR melden muss. Per sé eigentlich kein großes Ding, allerdings war – neben ein paar anderen Dingen – die Formulierung etwas ungünstig gewählt. Es hätte laut Aussage einer RTR-Mitarbeiterin ein reines Informationsschreiben werden sollen … und dafür waren für viele wohl ein paar zu viele Strafandrohungen beschrieben.

Daraufhin hat es in der Welt der österreichischen YouTuberInnen – und grob verspätet auch in den „klassischen“ Medien – einen recht substantiellen Aufruhr darüber gegeben, weil die Informationen über das „Warum?“, „Wann genau?“ oder „Wie viel?“ nur sehr spärlich gesät waren.

Mittlerweile haben sich eh alle wieder besonnen und ihre Contenance aufgesammelt, aber ein Brocken an Unsicherheit hängt immer noch über uns. Nämlich uns allen, die in irgendeiner Form einen Social-Media-Kanal betreiben. Und laut der Meldung der RTR ist die Deadline für die Meldung unsererseits der 30.09.2018. (Das heißt: Wenn du diesen Artikel eine gehörige Zeit nach dieser Deadline liest, dürfte das bedeuten, dass wirklich nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde … ;-) )

Was sind die Hintergründe?

YouTuberInnen haben bisher auf einem generell rechtsfreien Medium gehandelt. Wenn jemand wirtschaftlich und unternehmerisch aktiv werden wollte, hat man ein freies Gewerbe angemeldet und war dann selbständig. Man hat sich mit der Kammerumlage der WKO und den SVA-Beiträgen herumgeschlagen und eine simple Einnahmen-/Ausgabenrechnung erstellt.

Ansonsten sind bisher keine Regulierungsmaßnahmen für YouTuberInnen angefallen. Keine Aufbewahrungsfristen für Material, keine Zeitvorgaben bezüglich Werbung, wie es etwa der Konsumentenschutz für Fernsehsendungen vorsieht, keine explizite Regelung der Inhalte der Videos.

Nachdem sich aber auch österreichische YouTube-Kanäle mehr und mehr zu ernsthafter Konkurrenz für etablierte, „klassische“ Medienunternehmen entwickeln, wurde 2015 das aktuelle AMD-G in Kraft gesetzt. Das sollte YouTuberInnen und etwa Fernsehsender in direkte Konkurrenz setzen – und gleichzeitig die österreichische Filmlandschaft unterstützen, da ja die Beiträge für die RTR auch  Fernsehfilmproduktionen fördern.

Seither hat sich wenig getan. Nur wenige Kanäle und Firmen haben sich tatsächlich als so ein „Audiovisueller Mediendienst“ registriert. Nun übernimmt die RTR die Initiative.

Was sind die konkreten Probleme?

Achtung: Hier kommt auch meine Meinung.

Die Voraussetzungen, unter denen ein YouTube- oder Social-Media-Kanal unter das AMD-G fällt, sind noch nicht sonderlich konkret. Das Informationsblatt beschreibt sechs Voraussetzungen:

Der Kanal muss eine Dienstleistung darstellen.

Der/die YouTuberIn muss die redaktionelle Verantwortung innehaben. (Also, wenn du deinen Content selbst produzierst, hast du die redaktionelle Verantwortung. Du entscheidest, was passiert.)

Das Vorliegen eines eigenständig nutzbaren Video-Angebotes. (Also, du hast einen YouTube-Channel.)

Die Inhalte müssen fernsehähnlich sein. Was das heißt, wird auch hier beschrieben.

Der Kanal muss über’s Internet angeboten werden. Jo eh.

Der Kanal muss an die Allgemeinheit gerichtet sein.

Ein paar Voraussetzungen sind selbsterklärend, bei ein paar gibt es Erklärungsbedarf:

Die Inhalte müssen fernsehähnlich sein:

Das ist meiner Meinung nach eine problematische Formulierung, da mehr und mehr Online-Formate durch „klassische“ Fernsehsender übernommen werden und dann in weiterer Folge als fernsehähnlich gezählt werden. Eine redaktionelle Gestaltung reicht, um ein Online-Format fernsehähnlich zu machen. Darunter zählt per Definition auch, wenn du dein Video schneidest. Außer, du machst ein reines Urlaubsvideo für deine Freunde. Dann nicht. Vielleicht. Da kommt später noch was. ;-)

Mein Vorschlag dahingehend ist eine Umformulierung zu: „Die Inhalte müssen mit fernsehähnlicher Infrastruktur und fernsehähnlichem Konzept produziert werden“.

Der Kanal muss an die Allgemeinheit gerichtet sein:

Du erfüllst diesen Punkt nur, wenn du Content für alle möglichen Zielgruppen produzierst. Machst du nur eine Anleitung für eine Art und Weise der Stop-Motion-Filmproduktion, wäre dieser Punkt nicht erfüllt. Weil du nur eine sehr spezifische Zielgruppe bespielst.

Und das große Finale: Der Kanal muss eine Dienstleistung darstellen:

Hier gibt es meiner Meinung nach die meisten Definitionsprobleme. Was ist eine Dienstleistung?

Eine erste, sehr lange Ausführung hat das Bundesverwaltungsgericht gegen einen gewissen YouTube-Kanal einer gewissen blauen österreichischen Partei – den du übrigens hier nachlesen kannst. Darin steht – stark heruntergebrochen – dass dieser Punkt der „Dienstleistung“ auch dadurch erfüllt ist, dass man sein eigenes Image aufpoliert oder festigt.

Außerdem steht drin, dass man auch fernsehähnlich ist, wenn man ein Filmstudio dafür baut. Nur so am Rande.

Für kleine YouTuberInnen bedeutet das aber damit, dass Videos mit Selbstdarstellung (also mit dir im Vordergrund) diese Kategorie erfüllen und sie damit unter das AMD-G fallen.

Und hier wird’s schwammig: Wie man NICHT unter das AMD-G fällt, ist noch nicht ganz klar. Weil das Gesetz sehr allgemein formuliert ist und erst Gerichtshöfe darüber entscheiden müssen, wer wieso meldepflichtig ist und wer nicht.

Mir wurde zum Beispiel telefonisch gesagt, dass ich unter das AMD-G falle, wenn ich als Filmproduktion Kurzfilme auf meinem YouTube-Kanal poste, denn es dient zur Darstellung meiner Firma.

Diese Diskussion kann noch stundenlang mit weiteren Ungenauigkeiten im Gesetz und in der Kommunikation weitergeführt werden, aber für die Grundlagen reicht das mal.

Was wäre konkret zu tun?

Wenn du glaubst, dass du mit deinem YouTube-Kanal unter das AMD-G fällst, ist der erste Schritt, eine Begutachtung bei der RTR zu beantragen. Dafür schickst du ein E-Mail an rtr@rtr.at (Das, meine Lieben, ist öffentliches Interesse, wie es im Buche steht. ;-) ) mit deinen Kontaktdaten und deinem Social-Media-Channel um den es sich handelt. Genaue Infos dazu gibt es hier unter Punkt 3.3.

Dann sehen sich die – übrigens echt freundlichen – MitarbeiterInnen von RTR deine Kanäle an und bewerten, ob es tatsächlich alle Voraussetzungen erfüllt. Dann bekommst du schriftlich eine Bestätigung ihrer Einschätzung, die du dann entweder bestätigen oder nochmal berufen und feststellen lassen kannst. Es kann gut sein, dass die RTR dir einfach schreibt: „Na, passt scho.“

Oft wird auch über die Finanzierungsbeiträge bei der RTR gesprochen. Die fallen aber erst an, wenn du mit deinem Kanal einen Umsatz von über 45.000 Euro machst. Und dann zahlst du erst den Mindestbetrag von rund 260 Euro. Zu dem Zeitpunkt dürften dir aber schon SVA-Beiträge wesentlich mehr zu schaffen machen.

Zum Abschluss

Diese Materie ist noch viel tiefgreifender und komplexer als ich es hier beschrieben habe. Und meine Meinung ist bei Gott nicht die einzige. Inside Politics schreibt dazu etwa in ganz anderer Manier.

Außerdem wird das Gesetz sowohl auf österreichischer als auch auf europäischer Ebene gerade überarbeitet und aktualisiert, das heißt, Aktualisierungen zu den Definitionen können immer wieder reintrudeln.

Vielen stößt auch die Tatsache auf, dass unter den registrierten audiovisuellen Mediendiensten einige hochrangige Firmen fehlen. Die freuen sich sicher darüber, darauf aufmerksam gemacht zu werden. ;-)

Wenn dir noch eine wichtige Information fehlt – die Betriebsblindheit setzt auch hier ein – schreib mir!

Bis zum nächsten Mal,

Robert

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