Behind The Scenes: Stopmotion

Vor einiger Zeit haben wir im Büro einen Testdreh durchgeführt. Dafür haben wir Dinge gebastelt, Materialien eingekauft, ein kleines Set aufgestellt und einfach etwas probiert: Stopmotion. Eine altbekannte Filmtechnik, die bis zu den Anfängen des Films zurückgeht. In den Jahrzehnten hat sich die Technik dahinter aber so rapide weiterentwickelt und der Prozess ist so optimiert, dass es wahnsinnig spannend klang, es selbst einmal auszuprobieren. Ausschlaggebend dafür waren die Berichte von Adam Savage bei Tested über den Film „Early Man“. Also habe ich mich zuerst alleine – und dann mit ein bisschen Hilfe – an die Arbeit gemacht. Herausgekommen ist nur eine kurze Szene, die mittlerweile schon wieder unauffällig in enormen Datenmengen verschwunden ist. Aber die Idee hinter Stopmotion ist geblieben und hat sich seit kurzem in ein Produkt meiner Filmproduktion entwickelt.

Was ist Stopmotion?

Stopmotion ist eine physische Form der Animation. In ihren Grundzügen ohne Motoren, ohne digitaler Nachbearbeitung, einfach eine Kamera und ein Objekt: Das Objekt, sei es eine Puppe, ein Buch oder irgendetwas anderes, wird fotografiert, leicht bewegt, nochmal fotografiert, nochmal leicht bewegt, und so weiter. Fügt man diese leicht unterschiedlichen Fotos dann schnell hintereinander zu einem Video zusammen, entsteht die Illusion von Bewegung. Vielleicht hast du in deiner Kindheit dich schonmal daran versucht, ein kleines Video mit Legomännchen zu machen, das dürfte grundsätzlich ähnlich funktionieren.

In heutigen, hoch budgetierten Hollywood-Stopmotion-Filmen wird diese Technik stets an seine Grenzen getrieben und ist eine vollständige Wissenschaft. Aber wenn du es selbst einmal versuchen möchtest, reicht dir eine Fotokamera, Basiswissen über die Art und Weise, wie Stopmotion funktioniert und ein bisschen Gefühl. Vielleicht grundlegende Mathematik. Aber das war’s dann.

Stopmotion-Filme bestehen meistens aus zehn bis fünfzehn Bildern pro Sekunde. Ein live gedrehter Film läuft auf 24, 25 oder 30 Bildern pro Sekunde, präsentiert dir also etwa doppelt so viele Bilder als Stopmotion. Das ist einerseits eine Kosten-Nutzen-Rechnung, da jedes Bild, jeder „Frame“, sehr aufwändig zu gestalten ist und enorm viel Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits sind diese 15 Bilder pro Sekunde in uns mit Stopmotion assoziiert. Spätestens seit Wallace & Gromit. Es ist also auch eine ästhetische Frage. Und mit diesem Basiswissen – und nach ein paar Minidokumentationen zu dem Thema – habe ich mich ans Werk gemacht.

Wie sieht unser Prozess aus?

Unser Aufbau ist eigentlich simpel. Eine Kamera hängt an einem Laptop, mit dem wir die Kamera steuern konnten, ohne die Kamera zu berühren – was zu einem verwackelten Bild geführt hätte – und einem Miniatur-Set mit unserem Charakter, einem Hintergrund, ordentlicher Beleuchtung. Und Kaffee. Die Software, Dragonframe, kommt, wenn man sie kauft, mit einer eigenen Tastatur, die jetzt auch in meiner weiteren Arbeit oft den Hintern gerettet hat. Mit dem Programm kannst du ein Projekt in deiner gewünschten Bildrate erstellen. Bei mir sind das immer 15 Bilder pro Sekunde. Sobald es deine Kamera erkennt, bekommst du ein Live-Bild auf deinen Laptop (oder PC) und kannst die Kameraeinstellungen und den Auslöser vom Laptop aus bedienen. Nach ein paar Fotos kannst du dir direkt das Ergebnis zu Gemüte führen und die Fotos schnell nacheinander abspielen.

Eine irrsinnig wichtige Funktion ist die Zwiebelansicht. So siehst du dein Livebild halbtransparent über dem letzten, aufgenommenen Foto und kannst die Bewegung deines Objektes dementsprechend anpassen.

Die Kamera ist meine gute, alte und verlässliche Sony a7S. Ich kenne die Oberfläche dieser Kamera beinahe in- und auswendig und kann sie auch blind und unter schwierigsten Umständen bedienen. Sie nimmt wunderschöne Fotos auf, hat einen hohen Dynamikbereich. Achja, und sie war gerade da. :-)

Unser Objekt für den Test war eines dieser Holzmännchen, die man normalerweise zum Skizzenzeichnen verwendet. Die sind insofern super, weil sie günstig, recht rustikal und leicht zu bearbeiten sind. Die meisten kann man direkt von ihrem „Haltestäbchen“ im Popo herunternehmen und freistehend verwenden. Im Vergleich zu den richtigen Stopmotion-Skeletten, die man ab circa 200 Euro pro Stück bekommt, war das ein Top Deal! Als Hintergrund mussten alte Holzreste von einer Tischlerin in meinem Bezirk herhalten. Und fertig war unser Set.

Diese erste Testszene hat uns schlussendlich einige Stunden gekostet und ist wirklich nicht großartig geworden. Ich habe gelernt, dass ich dafür wesentlich mehr Geduld brauche, als mir damals zur Verfügung stand. Aber die Idee ist nie ganz gestorben …

Was mache ich jetzt damit?

Also der Stopmotion-Kurzfilm ist derzeit auf Eis gelegt. Stattdessen habe ich meine Produktpalette ein wenig erweitert: Neben Zeichen- und Animationsfilmen habe ich nun auch den ersten Stopmotion-Werbefilm produziert. Der kommt im Laufe der nächsten Wochen online und ich werde ihn euch sicher nicht vorenthalten. Das hölzerne Set wurde durch mein Lichtzelt ausgetauscht und das Holzmännchen durch Objekte, die viel weniger Gelenke hatten und potenziell auch essbar waren.

Was habe ich daraus gelernt? Stopmotion ist nicht alt oder verstaubt, es ist moderner denn je, mit etwas Erfahrung und Fingerspitzengefühl wird es auch nicht allzu kompliziert und das Ergebnis wird faszinierend, spannend, begeisternd und einfach anders.

Bis zum nächsten Mal,

Robert

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