Oder „Wie begleite ich eine Person mit einer Kamera“:
Trotz der Tatsache, dass ich Imagefilme oft nicht empfehle, kommt es trotzdem ab und zu vor, dass welche gebraucht werden. Im Normalfall produzierst du einen Imagefilm für Unternehmen. Da hast du es relativ leicht, du erzählst eine Geschichte rund um die Tätigkeit des Unternehmens. Doch manchmal ist es notwendig, einen Imagefilm über eine Person zu machen. Und Personen haben bekannterweise viele Geschichten.
Abgesehen davon, dass du dir einige mehr Gedanken zum Inhalt des Films machen wirst, musst du dir auch darüber im Klaren sein, dass du höchstwahrscheinlich viel Zeit rund um die Person verbringen wirst. Und dabei zahlt es sich aus, ein paar Dinge im Vorhinein zu wissen und nicht erst durch Trial and Error draufzukommen. ;-)
Wähle das richtige Equipment
Während du bei Imagefilmen über Unternehmen generell mehr Zeit hast, die Szenen ordentlich vorzubereiten und abzufilmen, wirst du bei Filmen über Personen eher (oder zumindest auch) Momente einfangen müssen, die sich spontan ergeben. Das heißt, du brauchst möglichst ein „Universalrig“, das immer einsetzbar ist.
In meiner Erfahrung bedeutet das, dass es möglichst klein sein sollte, um einerseits nicht zu stören. Andererseits, um in Situationen, in denen Platz Luxus ist, trotzdem bestehen zu können. Im Zweifelsfall sollte es leicht zu zerlegen und – besonders schnell – wieder zusammenzubauen sein. Besonders, wenn du für den Film auf Reisen gehst, wirst du ein kleines, schnelles Setup lieben. Stell dir vor, du hast eine glorreiche Szenerie vor dir, die Person des Filmes mitten drin – aber du musst zuerst siebzehn Dinge auf deinen Kamera-Body schrauben, bevor du loslegen kannst. Und dann hat sich die Szene vermutlich auch schon wieder aufgelöst.
Pass außerdem darauf auf, dass dein Equipment die richtigen Funktionen beinhaltet. Wenn du einen Film durchgehend in 4k drehen sollst, wirst du anderes Equipment brauchen, als wenn du Timelapses mit hochauflösenden Fotos machen sollst. Brauchst du Slow-Motion? Soll das Material in log gedreht sein? Oder gar auf 16mm Film?
Und wenn du dich für das Herzstück entschieden hast, geht’s ans Kompendium. Welches Stativ brauchst du? Wird ein Gimbal notwendig sein? Oder gar ein Kran? Und wenn du für den Film auf Reisen bist – was davon kann man vor Ort mieten?
(PS: Mieten ist meistens günstiger, als Übergepäck am Flughafen zu zahlen. ;-) )
Wähle das richtige Outfit
Auch wenn das Thema vielleicht ein bisschen kontrovers sein mag bin ich der Meinung, dass man sich besonders bei solchen Begleittagen möglichst unauffällig kleiden sollte. Da es ja oft die Aufgabe ist, eine Situation nur zu begleiten, solltest du schauen, möglichst im Hintergrund der Geschehnisse zu verschwinden – das heißt nicht, dass du dich 200 Meter entfernt platzieren sollst, sondern dass du dich unauffällig in der Nähe der Geschehnisse befindest, aber diese selbst nicht störst.
Im besten Fall ist das Gewand, das du anziehst, auch relativ gemütlich. Es wird keine Seltenheit sein, dass du 10 Stunden plus in dem Outfit verbringst. Bleib natürlich trotzdem geordnet, sauber, im Zweifelsfall auch gebügelt ( ;-) ), damit du dabei auch einen guten Eindruck hinterlässt.
Als Notiz: Sicher gibt es auch Situationen und Veranstaltungen, auf denen du einen gewissen Dresscode einhalten musst. Dann muss das schwarze T-Shirt mal gegen ein dunkles Hemd ausgetauscht werden.
Wähle die richtige Taktik
Nun zum womöglich wichtigsten Part: Wie verhältst du dich der Person gegenüber, die du filmen sollst – und die dich vermutlich auch beauftragt hat?
In meinen Augen gibt es hier zwei Extreme:
Zuerst der „Cinema Verité“-Ansatz oder der „Be the shadow-approach“. Manche Menschen wollen keine Anweisungen erhalten oder können damit nicht optimal arbeiten, sie wollen, dass sie einfach ihrem Tag nachgehen und du sie dabei filmst. Hier musst du deinerseits die richtigen Einstellungen finden und das Beste aus dem machen, was du hast. Rücke der Person dann nicht zu nahe, halte eine gesunde Entfernung ein und wenn du eine nahe Einstellung brauchst, greife am ehesten auf Porträt- oder Tele-Objektive zurück.
Manche Menschen sind das genaue Gegenteil, wollen von dir genaue Anweisungen hören, was sie tun sollen, wo sie sich hinstellen, wo sie hinschauen, was sie sagen sollen, et cetera. Quasi ein „Be the partner-approach“. Unter dieser Voraussetzung kannst und sollst du möglichst offen und vokal sein und die Dinge, die laut Drehplan, Konzept, Drehbuch oder Sonstigem notwendig sind. Du kannst also deinen inneren Regisseur etwas herauslassen und dich ein wenig spielen.
Beide Extreme haben ihre Vor- und Nachteile und ein Extrem kommt hier selten allein. Es liegt oft an deinem Menschengefühl (oder deiner Recherche), herauszufinden, in welcher Situation welche Herangehensweise gewünscht ist und Sinn macht, da es gut sein kann, dass die Einstellung der Person, die du filmst, sich je nach Gegebenheit ändert.
Wichtig ist auch, dir zu überlegen, wie du mit den Menschen sprichst. Besonders, wenn du längere Zeit an ihren Fersen klebst, kannst du oftmals für ihre Motivation während den Dreharbeiten zuständig sein. Nimm als Beispiel ein Lob: Lobe jemanden niemals und der- oder diejenige wird bald nicht mehr so motiviert sein, sich für den Film anzustrengen. Lobe jemanden durchgehend und sein oder ihr Ego könnte durch die Decke schießen. Finde bei jedem das passende Mittelmaß.
Finish what you start
Du hast vermutlich vor dem Dreh zumindest ein grobes Konzept mit dem oder der AuftraggeberIn abgestimmt. Auch wenn sich während den Drehtagen etwas ändern sollte, versuche, das ursprüngliche Konzept „mitzudrehen“. Auch wenn das manchmal unauffällig und nebenbei passieren muss, ist es in meiner Erfahrung besser, ein durchgeplantes Konzept auch durchgehend gedreht zu haben, als im Nachhinein aus Unmengen an Material ein neues zusammenstoppeln zu müssen.
Zum Abschluss
Die Überlegungen oben beziehen sich auf Imagefilm-Drehs, die eher dokumentarischer Natur sind. Also kein zu 100 Prozent fixer Drehplan, sondern viel Improvisation, Anpassungskunst und Menschenkenntnis. Bei komplett gestellten Drehs ist so etwas (zumindest nach der Konzeptionsarbeit) etwas einfacher, da man sich in einem eingegrenzten Rahmen befindet.
Schlussendlich ist jedes Projekt in diesem Bereich einzigartig. Jedes Projekt bietet seine eigenen Herausforderungen, sei es in der Konzeption, der Durchführung, der Kommunikation oder einem anderen Problemfeld. Hier möchte ich dir nur ein paar Tipps aus meiner Erfahrung mitgeben, um dir bei dem ein oder anderen Job das Leben ein bisschen zu erleichtern. Und damit …
Bis zum nächsten Mal,
Robert