Ein Kommentar zur Zukunft des ORF

Letzte Woche kam der Blogartikel verspätet. Und das nicht ohne Grund, denn letzten Mittwoch lud der Österreichische Rundfunk, der ORF zu einer Diskussionsveranstaltung auf den Küniglberg. Und das passt zu der aktuellen Diskussion über das Zusammenspiel von Medien und Politik und einigen Gedanken, die ich mir in letzter Zeit darüber gemacht habe.

 

ORF Public Value

Worum ging es überhaupt und warum war ich da dabei?

Der ORF hat schon seit einiger Zeit eine kleine Plattform namens zukunft.orf.at, den ORF Public Value. Dort gibt es Einträge über einige interne Veranstaltungen, Anträge vom ORF an die diversen Verbände und Kammern für Neuerungen sowie Analysen und Meinungen zu gewissen Zukunftsfragen. Public Value steht hierbei für den gesellschaftlichen Nutzen, den der ORF ja laut dem ORF-Gesetz erfüllen muss.

Letzten Mittwoch war wieder eine Diskussion über solche Zukunftsfragen, aber ausnahmsweise nicht nur mit MitarbeiterInnen, sondern zum ersten Mal auch mit externen, medienaffinen jungen Leuten. Und darunter war wohl auch ich – wo ich Dank der Bundesjugendvertretung mitfahren durfte. ;-) Die Kernfrage der Veranstaltung war, welche Änderungen und Verbesserungen für den ORF notwendig wären, damit das Publikum auch noch im Jahr 2030 einen Grund hat, einzuschalten.

Besonders interessant für mich war diese Veranstaltung aufgrund der angekündigten Änderungen im Medienförderbereich und bei den Öffentlich-Rechtlichen von Gernot Blümel, dem Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien. Neben den dazugehörigen Medienberichten ist mir auch ein Blogeintrag von Gerhard Loub aufgefallen. Darin wird auch der öffentlich-rechtliche Auftrag – den ich in Folge salopp „Bildungsauftrag“ nennen werde – angesprochen, der auch bei der Public Value-Veranstaltung besprochen wurde.

Was wurde diskutiert?

Ich möchte bewusst zusammenfassen und kommentieren. Zusammenfassend wurden vier Themengebiete diskutiert: Unterhaltung, Sport, Kultur & Religion und Information. Die Überlegungen gingen hauptsächlich in die Richtung der Vereinfachung der aktuellen mobilen Angebote und eine verstärkte und verknüpfte Nutzung von Social Media Kanälen. Natürlich ist auch immer wieder der Begriff des Bildungsauftrages gefallen, der mitsamt seinen Regulierungen gelockert werden soll. Dem ORF ist es nämlich unter Anderem verboten, seine mobilen Apps auf Social Media zu bewerben. Oder seine Instagram Kanäle auf Facebook zu promoten.

Man muss dazu sagen, dass uns in diesen Gesprächen keine Restriktionen gegeben wurden. Wir sollten also bei unserem Brainstorming die rechtlichen Bindungen außer Acht lassen. 

In den Gesprächen kam auch von verschiedenen Seiten der Wunsch auf, eine große, umfassende ORF-Plattform zu gestalten, die man nicht nur über Social Media Kanäle benutzt. Der Wunsch dahinter war die Unabhängigkeit, der Dorn im Auge war die Änderung des Algorithmus von Facebook, sodass Beiträge den BenutzerInnen fast ausschließlich nur noch dann gezeigt werden, wenn Geld in den Beitrag investiert wird.


Zu guter Letzt – ein Thema, das in allen Gesprächsrunden aufgetaucht ist – zum Catch-Up-TV: Die TVthek (und in Zukunft vielleicht die radioTHEK) soll nicht nur 7 Tage nach Ausstrahlung verfügbar sein. Das soll natürlich nur für Informationssendungen gelten. Denn wenn alle Serien, Dokumentationen und Filme sofort nach Ausstrahlung in der TVthek für immer frei zugänglich sind, würde zum Beispiel der DVD-Verkauf, der normalerweise nach einer ORF-Ausstrahlung folgt, später untergehen.


Anmerkung: Es wurde ein Dokument der ORF Public Value versprochen, das die Diskussionen des vergangenen Mittwochs zusammenfasst. Das reiche ich natürlich nach, dann muss ich nämlich nicht mehr alle Einzelheiten der Veranstaltung geistig rekonstruieren. ;-)

Was ich darüber denke:

Rein ausgehend von der Veranstaltung bin ich mit den meisten Angelegenheiten einverstanden und befürworte die Ideen voll und ganz. Ich bin auch voll und ganz dafür, dass der ORF bestehen bleibt und der Bildungsauftrag mit seinen Restriktionen gelockert wird. 

Entgegen der Meinung von Gerhard Loub stehe ich auch gerne für den Teil des Bildungsauftrags ein, der mit Unterhaltung zu tun hat. Und das hängt gleichzeitig mit den Umwälzungen im Förderbereich zusammen. Denn der ORF ist ein großer Finanzier österreichischer Film- und Fernsehproduktionen mit einem Herstellungsvolumen von knapp 90 Millionen Euro. Ein Geld, was man in der österreichischen Film- und Fernsehlandschaft nicht missen möchte. Zusätzlich fördert der ORF Film- und Fernsehproduktionen über das Film- & Fernsehabkommen mit einem Budget von rund neun Millionen Euro.

Eine große, umfassende Plattform, die ihr Publikum auch ohne Social Media anziehen kann, ist meines Erachtens nach mehr als wünschenswert. Dabei wäre es toll, alle Angebote mit einzubeziehen, also eine Plattform, über die man beispielsweise Nachrichten von derstandard.at, diepresse.com, dem ORF selbst und allen anderen bekommt. Das Problem dabei ist das „alle anderen“. Wer entscheidet, wer auf der Plattform Nachrichten zeigen darf und wer nicht?

Als letztes in der Kategorie kommt das Catch-Up-TV, das meiner Meinung nach die großartigen Inhalte von beispielsweise meins.orf.at in einen extrem kurzen Lebenszyklus zwängt. Denn alle Inhalte wie Erklärvideos, die Reportagen und Textinhalte, die zum Teil nur für die Homepage produziert werden, sind exakt sieben Tage lang einsehbar und verschwinden danach ins Nirvana. Eine Ausweitung dieser Regelung finde ich – zumindest für das Informationsprogramm – längst überfällig. Das würde sehr sicher nicht zu der stark befürchteten übermächtigen Stellung des ORF führen, sondern zu einer annähernden Gleichstellung zu den anderen Medienunternehmen, die – oft nicht nur teilweise – nicht ausreichend recherchierte Beiträge bringen, die auch gerne einmal zur Fehlinformation des Publikums führt.

Zum Abschluss

Damit möchte ich jetzt erstmal abschließen. Ich habe die Public Value Veranstaltung vom ORF sehr sinnvoll gefunden und ich würde mich freuen, auch bei den nächsten Veranstaltungen dabei zu sein – da kommt man sehr interessiert hinein und geht inspiriert wieder hinaus. In einer Zeit, in der einige, möglicherweise tiefgreifende Änderungen anstehen und sich die Mediennutzung des Publikums rapide ändert, muss sich auch im ORF einiges tun. Als jemand, der in der Branche arbeitet und weiterhin arbeiten möchte, werde ich diese Änderungen und hoffentlich Verbesserungen sehr genau verfolgen. Und wenn sich etwas in diesem Bereich entwickelt und ich eine halbwegs gefasste Meinung darüber habe, werde ich auch weiterführende Blogbeiträge dazu schreiben. ;-)

Bis zum nächsten Mal,

Robert

 

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